AI-RON – die neue Nachwuchsforschergruppe nimmt ihre Arbeit an der Justus-Liebig-Universität Gießen auf

Hirntumore sind nicht nur mit hohen sozioökonomischen Kosten, sondern auch mit einer hohen psychosozialen Morbidität verbunden, da sie das Organ des Bewusstseins und der Wahrnehmung („Sitz des Ichs“) betreffen. Sie gehören zu den tödlichsten Krebsarten, für die es derzeit nur wenige Behandlungsmöglichkeiten gibt, und sind die zweithäufigste Krebsart bei Kindern. In den letzten Jahren wurde die Behandlung durch die Verwendung von molekularen Markern mit prognostischer oder prädiktiver Bedeutung zunehmend individualisiert. Vor allem haben jüngste Genomanalysen einen umfangreichen Katalog von wiederkehrenden genetischen Mutationen und epigenetischen Veränderungen bei bösartigen Hirntumoren identifiziert. Mit der Nachwuchsgruppe (NWG) „AI-RON: KI-unterstützte morphomolekulare Präzisionsmedizin in der Neuroonkologie“ wollen wir die nächste Ära der morphomolekularen Diagnostik einläuten, indem wir auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende medizinische Informatik-Pipelines entwickeln, um die Qualität und Geschwindigkeit der Hirntumordiagnose zu verbessern sowie die therapeutischen Ansätze zu personalisieren und (kosten-)effizienter zu gestalten.

Die Integration von histomorphologischen und molekularpathologischen Veränderungen ist für die Onkologie von entscheidender Bedeutung, um durch eine genaue Tumorklassifizierung und die Erkennung von therapeutischen Zielen präzise therapeutische Entscheidungen zu treffen. Zu den aktuellen Herausforderungen gehören die Anwendung von Algorithmen des maschinellen Lernens, um wesentliche Informationen aus unterschiedlichen hochdimensionalen Datenquellen zu extrahieren, die Definition und Harmonisierung von Analysepipelines und die Erstellung leicht interpretierbarer Berichte für Kliniker. In dieser Hinsicht bieten die durch „Next-Generation Sequencing“-Analysen (NGS) und digitale Histopathologie erzeugten „Big Data“ zusammen mit klinischen Metadaten wie Überlebensraten und Behandlungsschemata eine solide Grundlage für die KI-gestützte Förderung der Präzisionsmedizin.

Das Ziel der NWG ist die Entwicklung einer KI-basierten Präzisionsanalyse von Whole-Slide-Images (WSI) in Kombination mit hochdimensionalen Omics-Daten und klinischen Metadaten zur Klassifizierung und prognostischen Vorhersage von Hirntumoren als Teil der Medizininformatik-Initiative MIRACUM. Dabei können wir im Rahmen des Use Case 2 „Neuroonkologie (from-data-to-knowledge)“ (Projektleitung Gießen) von MIRACUM auf einen großen Datenpool der beteiligten Universitätskliniken zurückgreifen und aggregierte neuroonkologische morphomolekulare und klinische Daten standortübergreifend und datenschutzkonform auswerten. Die im Rahmen der NWG entwickelten Algorithmen und Pipelines werden perspektivisch auch auf die Integration anderer hochdimensionaler Daten, wie z.B. Radiomics und anderer Tumorentitäten, ausgedehnt. Die NWG wird damit einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des Themenbereichs der Medizininformatik-Initiative in dem wichtigen Feld der KI in der Gesundheitsforschung und -versorgung leisten.

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